Die neue Photo-App von Synthetic schränkt ein. Sie schränkt zwei grundlegende Freiheiten der digitalen Fotografie ein. Zum einen die sofortige Ansicht eines erstellten Fotos, zum anderen die Möglichkeit unlimitiert Bilder ohne Folgekosten zu erstellen.
Erst nach 24 Bildern ist es mit dieser App möglich diese auch im Display zu betrachten. Dies ist eine Hommage an analoge Zeiten, als Kameras keine Diplays hatten, Filme noch entwickelt werden mussten und so kleine visuelle Überraschungseier waren. Hipstamatic ist für seine stilistischen Filter bekannt, die sich an alten Filmen und Objektiven orientieren. Keine blanken, perfekt weißabgeglichenen Bilder, nein vergilbte, ausgefranste und farbverfälschte Bilder entstehen. Ich finde den Stil charmant, die Bilder haben Charakter, auch wenn das Web inzwischen ein wenig überflutet davon ist. Doch zurück zur neuen Hipstamatic Disposable.
Die zweite, und wie ich finde wesentlich grundlegendere Einschränkung ist das Anheben der Wertigkeit eines Bildes durch die Notwendigkeit die Filme der App nachzukaufen. Im digitalen Fotozeitalter ist die Anzahl der Bilder keine Kostenfrage mehr. Dadurch entstehen in Urlauben oft mehrere hundert Bilder, von denen die meisten ungesehen auf den Archivfestplatten der Haushalte verstauben.
Hipstamatic Disposable hebt das Gefühl für den Wert eines Bildes, da die Filmrollen zusätzliche Kosten verursachen. Als In-App Kauf müssen Filme nachgekauft werden. Was auf den ersten Blick als unnötige Abzocke betrachtet wird ist fotophilosophisch gesehen eine materielle Wertsteigerung der Fotos und Bildern. Wenn mich der 9-Pack eines Hipstamatic Disposable-Film 0,79 Euro kostet ist auch das Einzelbild zumindest materiell ein paar Cent wert. Bildinhalt oder auch der immaterielle Wert des Bildes sind dabei natürlich nicht bewertet, doch diese Kosten lassen den Nutzer (oder Fotografen?) bei jedem Bild überlegen, ob er es fotografieren will, ob es das Bild „wert“ ist.
Ich werde die App runterladen und testen und mich beim Fotografieren beobachten. Wer weiß, vielleicht werde ich Fotostrecken, die nach der „Entwicklung“ des Filmes über Facebook veröffentlicht werden können, bewusster auswählen und die Bilder nicht planlos verknipsen. Vielleicht ist es im Medium iPhone aber auch gar nicht mehr möglich bewusst Filmstrecken abzulichten. Auf jeden Fall wird es den Vorgang entschleunigen, wie auch schon Jürgen geschrieben hat. Ich denke die paar Cent ist es wert.